Frei nach „Momo“ und den Grauen Herren (Roman von Michael Ende).
Es gibt einige Zeit-Diebe, die den Patienten mit Kurzdarmsyndrom im Laufe des Tages sehr viel der freien Zeit „stehlen“.
Mahlzeiten (I)
Da sind zum einen die Mahlzeiten. Als Kurzdarmpatient soll man ja 6 – 10 Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen. Für einen Außenstehenden hört sich das zuerst gar nicht so übel an, da ja Essen recht positiv belegt ist. Nur wenn man täglich so viele Mahlzeiten zu sich nehmen muss, so stellt man fest, dass das auf Dauer sehr nervig ist.
Nimmt man im Mittel pro Mahlzeit 15 – 20 Minuten an, so kommt man schnell auf ca. drei Stunden, die man täglich mit Essen verbringt. Da ich meist vor den Mahlzeiten auch noch etwas trinke (um das Essen nicht zu verdünnen), kann es insgesamt auch noch etwas länger dauern.
Mahlzeiten (II)
Diese Mahlzeiten fallen ja leider nicht vom Himmel und kommen auch nicht aus dem Tiefkühlfach des Supermarktes oder von irgendeiner Fastfood-Kette. Wie ich im Abschnitt Essen beschrieben habe, gibt es für Kurzdarmpatienten so viele Einschränkungen bei den Lebensmitteln, dass es fast unmöglich ist, Fertigmahlzeiten, also prozessiertes Essen, zu essen. Also muss man selber ran und sich sein Essen kochen oder mindestens zubereiten. Da gibt es sicherlich auch die Möglichkeit auf Vorrat zu kochen oder einfache Speisen zuzubereiten. Aber auch das benötigt Zeit, die einem von seiner freien Zeit „gestohlen“ wird. Die Zubereitung von Speisen nimmt bei mir nochmals 1 – 2 Stunden pro Tag in Anspruch.
An- und Abstöpseln
Recht viel Zeit geht auch für das tägliche An- und Abstöpseln der parenteralen Ernährung drauf. Denn hier ist mit Sorgfalt zu arbeiten. Fehlende Hygiene und unzulängliche Desinfektion können schnell zum Katheter-Infekt führen.
Das Vorbereiten der für die pE benötigten Utensilien, das ausgiebige Waschen der Hände, das Desinfizieren, das Aufziehen der Ampullen, ….. benötigt jedes Mal ca. 45 Minuten. Das Abstöpseln geht zwar schneller, aber auch dabei muss man die Hände waschen, desinfizieren, ……. und wieder sind 15 Minuten weg. Bei täglicher pE benötigt man jeden Tag also alleine eine Stunde für das An- und Abstöpseln.
Parenterale Ernährung
Während die parenteralen Ernährung angestöpselt ist und die Pumpe läuft (bei mir läuft sie meist 14 Stunden) kann man zwar parallel noch andere Dinge tun, ist dabei aber recht eingeschränkt. So verlasse ich mit laufender pE eigentlich nie das Haus. Nur im „Notfall“ gehe ich mal mit pE und dem Hund vor die Tür. Normal versuche ich das immer noch kurz vor oder nach dem An- / Abstöpseln zu erledigen. Denn es ist sehr schnell passiert, dass man mit der Leitung irgendwo hängen bleibt und ein Unglück passiert.
Selbst bei einfachen Tätigkeiten wie z.B. dem Ausleeren der Geschirrspülmaschine fädele ich mich immer wieder mit der Leitung an irgendeinem Schubladengriff o.Ä. ein und dann ist gutes Reaktionsvermögen gefragt.
Stuhlgänge
Und da wären ja auch noch die vielen Stuhlgänge! Ein solcher dauert bei mir meistens zwischen 20 und 30 Minuten. Warum das so ist, kann ich nicht erklären, aber schneller geht es einfach nicht. Wenn ich dann am Tag einige Male auf die Toilette muss, so sind schnell noch weitere Stunden des Tages „gestohlen“.
Fazit
Addiert man diese Zeiten, so kommt man schnell auf 6 bis 7 Stunden, die einem Kurzdarm-Patienten von den Zeit-Dieben täglich gestohlen werden. Wer wie ich das Glück hat trotz des Kurzdarmsyndroms noch eine Partner*in zu haben, die zu einem hält, so kann man vielleicht einen kleinen Teil dieser Zeitdiebe an seine Partner*in weiter reichen. Das ist aber nur bei der Zubereitung von Mahlzeiten möglich. Beim Rest der oben genannten Zeitdiebe muss der Kurzdarmpatient*in selber durch, da lässt sich auch nichts mehr „delegieren“.