Messen, zählen, wiegen

Messen, zählen, wiegen

Im Verlauf des Kurzdarmsyndroms gibt es zu Beginn meist einen Krankheitsverlauf, der mit einigem Auf und Ab verbunden ist. So verliert man im Laufe des Krankenhausaufenthaltes zum Beispiel einiges an Gewicht (bei mir waren es über 15kg) und der Stuhl verändert sich von Normal (fest) zu wässrigem, dauerhaften Durchfall. Manches Essen verträgt man auf einmal nicht mehr und bei dem einen oder anderen Lebensmittel wundert man sich, dass man es nicht mehr verträgt.

In der Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt sollte es nun im Rahmen der Behandlungen wieder bergauf gehen: Das Gewicht nimmt zu und der Stuhl wird hoffentlich wieder fester. Dabei sind die Fortschritte/Veränderungen sehr, sehr langsam, so dass der Unterschied von Tag zu Tag so gut wie nicht feststellbar ist. Daher macht es sehr viel Sinn, vom ersten Tag an täglich seine Daten zu sammeln. So kann man selber oder der Arzt feststellen, ob eine Therapie wirkt und wie stark deren Effekt ist. Des Weiteren kann der Arzt damit nachweisen, dass eine Medikamentierung wirkt und der Krankenversicherung (KV) somit den Nachweis zur Kostenübernahme erbringen, denn manche Medikamente sind extrem teuer, und die KV verlangt einen Wirkungsnachweis vom behandelnden Facharzt.

Wiegen

Im Verlauf meiner Krankheit habe ich von Beginn an täglich mein Gewicht gemessen, um den Fortschritt der Genesung zeitnah mitzuerleben.  Leider habe ich erst zu einem späteren Zeitpunkt den Zustand meines Stuhls erfasst, das hätte ich mal früher starten sollen. Zusätzlich habe ich immer alle besonderen Vorkommnisse erfasst: Änderungen an der parenteralen Ernährung (pE), zusätzliche Erkrankungen wie z.B. Erkältungen und Fieber, Gaben von Antibiotika, zusätzliche Gaben von Jonosteril (zum Ausgleich von Elektrolyt- und Flüssigkeitsmangel), sonstige Gaben von zusätzlichen Medikamenten und alle Vorkommnisse, die eventuell Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben können.

Flüssigkeitshaushalt

Zeitweise habe ich auch eine komplette Ein- und Ausfuhrkontrolle der Flüssigkeiten durchführen müssen, bei der genau erfasst wird, wie viel man trinkt, wie viel man ausscheidet (Flüssigkeitshaushalt) und was man isst. Die vollständige Bilanz enthielt folgende Werte: Gewicht, Puls, Blutdruck, Temperatur, Anzahl Mahlzeiten, Trinkmenge inkl. pE,  Anzahl Stuhlgänge, Menge Stuhlgang (Gewicht vor und nach dem Stuhlgang), Menge Urin (Messbecher) und Auffälligkeiten. Diese Details muss man sicherlich nicht über eine längere Zeit erfassen, es kann aber sein, dass der Facharzt für eine begrenzte Dauer darum bittet.

Wenn man hingegen nur einmal pro Woche oder gar einmal pro Monat sein Gewicht erfasst, so ist dieser Wert immer mit einen großen Ungenauigkeit behaftet, denn die Gewichtsschwankungen durch z.B. Stuhlgänge oder zu geringen Flüssigkeitsnachschub können locker 2 kg überschreiten.

Anhand meiner täglichen Gewichts- und Stuhlerfassung konnte ich sehr schnell und deutlich erkennen, welche Folgen zum Beispiel die Reduzierung der parenteralen Ernährung hatte. So sah ich den direkten Einfluss einer Antibiose auf mein Gewicht, bei der ja die Darmflora sehr stark beeinflusst wird.

Bioelektrische ImpedanzAnalyse

Was auch regelmäßig, aber mit größeren Abständen erfasst wird ist die BIA (Bioelektrische ImpedanzAnalyse). Dabei wird die Zusammensetzung des Körpers gemessen: Anteile von Wasser, Muskelmasse, Fett und Knochen. Die BIA wird entweder vom behandelnden Arzt oder dem Home Care Mitarbeiter durchgeführt.

Dokumentieren

Am besten einen Zettel und Stift neben das Waschbecken im Badezimmer legen, denn dort steht meist die Waage und befindet sich das WC. Die Zahlen übertrage ich dann ab und an in die Tabellenkalkulation und stelle sie in einer Verlaufsgrafik dar.

Verlauf von Gewicht, PE und Stuhlgängen
Körpergewicht, Anzahl PE/Woche und Stuhlgängen/Tag im Verlauf des Kurzdarmsyndroms (Anklicken – dann kann man mit der Lupe (rechter Rand) in die Diagramme gezoomt werden)

An dem Verlauf kann man sehr schön erkennen, dass es zwischendurch Phasen gab, in denen ich auch mal Gewicht verloren habe. Dies hatte u.a. damit zu tun, dass wir die pE Menge oder die Anzahl der pE Gaben zu früh reduziert hatten. Anhand meiner regelmäßig erfassten Gewichtsdaten konnte dann aber recht schnell gegen gesteuert werden. Auch meine Selbstversuche wie z.B. den PE-Auslassversuch im Sommer 2020 kann man im Verlauf sehr gut erkennen.

Die Lücken im Gewichtsverlauf kommen übrigens davon, dass ich die Waage nicht in den Urlaub mitgenommen habe oder ich das ein oder andere Mal vergessen habe, mich zu wiegen.

Mein selbst gesetztes Zielgewicht liegt bei 74 kg (plus minus 1 kg). Das habe ich im Prinzip erreicht. Nun hoffe ich, dass ich die Anzahl der PE Gaben noch reduzieren kann. Ob ich das schaffe ist eher ungewiss, denn aktuell wüsste ich nicht wie das gelingen sollte.

Ernährungsprotokoll

Da wir Kurzdarmpatienten ja vielen Einschränkungen hinsichtlich der Lebensmittel unterliegen, kann es ab und an Sinn machen, ein Ernährungsprotokoll anzulegen. In diesem Protokoll notiert man recht genau, was man wann, wo und in welcher Menge zu sich genommen hat. Darüber hinaus sollte man ggf. auch noch die jeweiligen Zutaten aufführen, speziell wenn man selber gekocht hat.

Dies Ernährungsprotokoll kann einem selber sehr gute Hinweise geben, was man gut verträgt und vor allem was man weniger gut verträgt. Es kann aber auch für die unterstützenden Ernährungsambulanz eine wichtige Grundlage sein, die Ernährungsgewohnheiten zu überprüfen und diese anzupassen. Eine Ernährungsambulanz kann die Angaben bis auf die einzelnen Komponenten herunter brechen und so recht genau beurteilen, wovon man zu viel und wovon man zu wenig zu sich nimmt.

Anbei ein Beispiel eines Ess- und Trinkprotokolls (angelehnt an das Protokoll der Ernährungsambulanz der Uniklinik Frankfurt):

Hinweise zum Ausfüllen

Wenn man das Ess- und Trinkprotokoll nur für sich selber verwendet, so muss man sicherlich keinen großen Aufwand betreiben. Da reicht sicherlich die Notiz, was man gegessen und getrunken hat. Die Mengenangaben und andere Details sind sicherlich nicht notwendig. Nur wenn es darum geht, herauszufinden, was einem Probleme bereitet, dann macht es evtl. sogar Sinn die Zutatenlisten zu notieren.

Zur Auswertung des Protokolls durch eine Ernährungsambulanz sind jedoch ein paar mehr Angaben notwendig. In diesem Fall sollten die folgenden Hinweise berücksichtigt werden:

  • Das Protokoll für drei aufeinander folgende Tage ausfüllen. Wenn möglich an zwei Werktagen und einem Wochenendtag (Do, Fr. & Sa. oder So., Mo. & Di.).
  • Auf jedem Blatt Datum und Namen notieren.
  • Für jede Mahlzeit Uhrzeit und Ort notieren.
  • Das Protokoll an den drei Tagen immer mitnehmen und möglichst sofort notieren was man gegessen und getrunken hat. Dabei auch an die Snacks und Bonbons zwischendurch denken.
  • Gegebenenfalls Trink- und Sondernahrung notieren.
  • Folgende Angaben sind zur Auswertung wichtig:
    • Name (Markenname) des Lebensmittels, bzw. genaue Sorte, z.B. Weizenbrot.
    • Menge des Lebensmittels. Sowohl haushaltsübliche Maße als auch mengen in Gramm oder Millliliter angeben.
    • Fettstufe bei Milch und Milchprodukten, z.B. Fruchtjoghurt 3,5% Fett.
    • Zubereitungsart: gebraten, gekocht, paniert, ….
    • Einzelzutaten von Gerichten, z.B. Hühnerfrikassee (Hühnchen, Möhren, Pilze, Spargel, Soße)
  • Sportliche Aktivitäten und deren Dauer, z.B. 30 Minuten Spaziergang.